In St. Gallen ist dieses Trio allgegenwärtig: Am Open-Air, im Stadion, an Festen, Parties, beim Einkaufen und im Ausgang. Selbst die höchsten Gäste der Regierung bekommen im Staatskeller die St. Galler Bratwurst im Papiersäckli serviert, dazu ein Bürli und ein Schüga (Schützengarten ist die älteste Brauerei der Schweiz). Es ist eine kulinarische Symbiose, die wunderbar mundet, Durst und Hunger löscht und sich rasch und unkompliziert verkaufen, kaufen und konsumieren lässt. Das hat man irgendwann auch westlich der Ostschweiz gemerkt. Zum Beispiel in Zürich. Und dort vor allem am Bellevue. Am Sternen Grill, der in keinem Fremdenführer über die Zwinglistadt fehlt und darum so weltbekannt ist wie unsere St. Galler Bratwurst, gehen jeden Tag 800 Stück davon über den Tresen. 365 mal im Jahr, also über 30 000 Exemplare, und alle IGP. Damit ist die Bratwurst möglicherweise die beliebteste Ostschweizerin in Züri.
Am Mittag herrscht vor der Theke Grossandrang und dahinter Fliessband-Betrieb. Rechts das Geld geben, links die Wurst nehmen. Sie kommt vom Grill in die Serviette und schwupps in die Hand des Gastes. Dazu ein Gold-Bürli von der Zürcher Bäckerei Gold. Es gilt als das Beste der Stadt – und vielleicht der Welt. Wir sind eben in Zürich. Und ja, auch eine Portion Senf wird einem hier in die Hand gedrückt. Bevor wir uns selber in die Schlange stellen, wollen wir uns in Zürichs Kult-Imbiss umsehen und umhören. Wir sind überrascht, wie freundlich der Ton zwischen Gästen und Personal bleibt – trotz Stosszeit.
An einem Zweiertisch im Freien sitzen Dominic Mégel und Christian Lienhart aus Zürich. Die beiden sind gut gelaunt: «Warum wir eine St. Galler Bratwurst essen? Weil sie einfach super ist. Viel besser als der St. Galler Dialekt». Etwas ernster meint Mégel: «Nein ehrlich, über die Qualität der Wurst habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Aber der Sternen Grill ist ein Mythos und der perfekte Ort für ein Treffen.» Sagts und tunkt die Wurst in Cocktailsauce. Und damit wären wir dann auch beim Thema, das seit jeher die Geister scheidet. Also geben wir an dieser Stelle noch unseren Senf dazu. Der Senf zur Wurst ist im Sternen Grill eine alte Tradition. Es ist ein extrascharfer Senf mit Meerrettich. An einer Wand des Lokals hängt grossformatig der «historische» Comic aus dem züritipp, der diese kulinarische Extrawurst verewigt hat: Die «Inter-Galakto-Vordere-Schtärne-Senf-Experience» des 2009 verstorbenen Zeichners Mike Van Audenhove.