Die Geheimrezeptur der St. Galler Bratwurst

Die St. Galler Bratwurst IGP ist kulinarisches Erbe der Ostschweiz mit geschützter geografischer Herkunft. Für ihre Zutaten und die Herstellung gelten strenge Regeln. Doch trotz detaillierter Vorgaben freuen sich Kenner und Liebhaber über eine erstaunliche Geschmacksvielfalt bei den Bratwürsten der rund 40 zertifizierten Produzenten.

Bei den Grundzutaten einer St. Galler Bratwurst gibt es auch für kreative Metzgermeister nicht allzu viel Spielraum: Die Anteile von Kalb- und Schweinefleisch, von Speck, Kalbskopf und Schwarte sind klar vorgegeben. In Sachen Fleisch gibt sich kein zertifizierter Produzent eine Blösse: Denn die Qualität des Rohmaterials bestimmt nachhaltig den Geschmack der Wurst. Ein Fehlgeschmack lässt sich auch mit den besten Gewürzen nicht kaschieren.

 

All diese Zutaten werden im sogenannten Blitz, einem schnellen, feinen Cutter zu Brät verarbeitet. Für dessen perfekte Konsistenz braucht es Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Damit die Fleischmasse bei der Verarbeitung nicht zu heiss wird und sich geschmacklich verändert, fügt der Wurster Eis oder kaltes Wasser und Milch hinzu. Die Milch trägt bei zur edlen Blässe der St. Galler Bratwurst, und sobald der Milchzucker beim Erhitzen karamelisiert wird, entstehen wichtige Aromen. Die Zugabe von Milch oder Rahm in Wurstwaren ist übrigens eine Schweizer Spezialität.

Raffinierte Würzung

Zum unverwechselbaren Geschmack jeder guten Bratwurst trägt aber nicht nur hochwertiges Fleisch aus der Region bei, sondern auch die kunstvolle Verwendung von Gewürzen. Wer erst einmal die Raffinesse der verschiedenen Meisterrezepte entdeckt und schätzen gelernt hat, versteht auch, weshalb Senf oder Ketchup für den Kenner kein Thema sind. Die starken Aromen überdecken plump den liebevoll sortierten Strauss von Gewürzen, der das appetitliche helle Brät der St. Galler Bratwurst zur unverwechselbaren Delikatesse macht. Was obligatorisch in dieses Bouquet gehört, und welche Variationsmöglichkeiten es gibt, ist präzis im Pflichtenheft der Sortenorganisation St. Galler Bratwurst IGP geregelt.

Salz

Die geschmackliche Basis bildet Kochsalz und nicht wie bei vielen Wurstwaren Nitritpökelsalz, welches das Fleisch rötlich färbt, wie beispielsweise beim Schüblig. Das ist ein weiterer Grund für das edle Weiss der St. Galler Bratwurst.

Weisser Pfeffer

Pfeffer gewinnt man aus den Beeren einer immergrünen Kletterpflanze, die heute nicht nur in ihrer Heimat Indien, sondern in einer Reihe tropischer Länder angepflanzt wird. Für weissen Pfeffer trocknet man die reifen roten Pfefferbeeren, die dabei gelbweiss werden. Weisser Pfeffer ist milder und geschmacklich vielschichtiger als die dunklen Pfeffersorten aus unreifen Beeren. Vor allem aber fällt er nicht auf im hellen, feinen Brät.

Muskat & Macis

Ursprünglich wuchs der bis zu 15 Meter hohe Muskatbaum nur auf Neuguinea und benachbarten Inseln. Heute wird Muskat in vielen tropischen Ländern angebaut. Die Muskatnuss ist der Kern einer Frucht, die an eine Aprikose erinnert. Macis oder Muskatblüte ist die rote Umhüllung der Muskatnuss. Nach dem Trocknen ist sie je nach Herkunft gelb oder orange. Der Kenner schätzt ihre feinere, ausgewogenere Würze.

Zitronenschale

Die Säure aus der geriebenen Zironenschale harmoniert ausgezeichnet mit den Fett- und Fleischaromen des Bratwurstbräts. Wie stark der Kontrast sein darf, ist Geschmacksache. Einige der beliebtesten St. Galler Bratwürste haben eine deutliche Zitrusnote – viele Metzger verzichten aber auch ganz bewusst auf diese Note. Manche Metzger intensivieren Schärfe und Säure des Bräts zusätzlich mit Ingwer.

Zwiebel & Lauch

«Bölle» sind nicht nur eine klassische Beilage zur Bratwurst, sondern ihr unverkennbares Aroma verleiht auch dem Brät einen unverwechselbaren Wohlgeschmack. Zwiebeln werden frisch oder getrocknet verwendet. In einigen Rezepten findet man auch Lauch. Knoblauch oder Bärlauch haben hingegen in einer IGP-Bratwurst nichts verloren!

Koriander

Dieses Küchenkraut wird in Südeuropa schon seit Jahrtausenden kultiviert. Für das Würzen der Bratwurst verwendet man die fein gemahlenen Samen mit ihrem reizvoll exotischen Aroma. In unseren Breiten würzt man mit Koriander auch Weihnachtsgebäck, Früchtebrot und Liköre.

Sellerie

Die kleinen braunen Samen des bekannten Suppen- und Salatgemüses sind ein uraltes Gewürz, das schon im Mittelalter für Würste und Pasteten verwendet wurde. Seit damals schätzt man die Kombination aus milder Schärfe und Bitterkeit.

Kardamom

Schon die alten Ägypter kannten diese schilfartige Pflanze, deren Samenkapseln einen hohen Gehalt an ätherischen Ölen aufweisen. Diese fördern die Verdauung und verleihen Back- und Wurstwaren auch in Europa schon seit Jahrhunderten aromatische Tiefe und eine Prise Fernweh.